Die digitale Welt bringt uns weltweit näher zusammen, baut Distanzen ab und bietet vielfältige Möglichkeiten zum connecten, entdecken und erleben. Mit unseren virtuellen Rundgängen und 3D-Showrooms bringen wir Ausstellungen ins heimische Wohnzimmer, führen Virtuelle Wohnungsbesichtigung durch und lassen Zuschauer:innen hinter Kulissen verschiedenster Unternehmen blicken (Orte erlebbar machen, dir nur schwer zugänglich sind.) Auf diesem Wege lassen sich zahlreiche Barrieren abbauen – auf der anderen Seite gibt es für digitale Inhalte ganz andere Hürden, wenn es darum geht, einen virtuellen Rundgang für Menschen mit physischen oder geistigen Einschränkungen abzubauen. Deshalb geht es hier einmal um das Thema Barrierefreiheit im Netz und wir starten am besten mit einem ersten Informationsüberblick:

"Accessible Entry" Schild auf Mauerwand um das Beitragsthema Barrierefreiheit zu symbolisieren

Wie virtuelle Rundgänge neue Möglichkeiten im Bereich der Inklusion schaffen und was es im Hinblick auf Barrierefreiheit zu beachten gilt.

Was bedeutet eigentlich Barrierefreiheit?

Barrierefreiheit wird nach dem Behindertengleichstellungsgesetz wie folgt definiert: “Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.”
Barrierefreiheit ist also ein wichtiges Element einer inklusiven Gesellschaft. Inklusiv bedeutet: Alle Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, können an allen Bereichen des Lebens selbst bestimmt und gleichberechtigt teilhaben. Und da wo Orte, Räume oder Kommunikationsmittel nicht barrierefrei sind, bleibt Teilhabe am kulturellen und politischen Leben, an der Arbeitswelt und in der Freizeit verwehrt. Das betrifft in Deutschland immerhin 7,8 Millionen Menschen, die laut statistischem Bundesamt (Stand: 2021) eine schwere Behinderung haben. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung von 83 Millionen Einwohnern beträgt der Anteil der Schwerbehinderten in unserer Gesellschaft also 9,4 %.

Barrierefreiheit im Internet

Mit der EU-Richtlinie 2016/2102 macht die Europäische Union eine klare Vorgabe zur Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen. Demnach sollen alle Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass öffentliche Stellen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um ihre Websites und mobilen Anwendungen besser zugänglich zu machen, indem sie „wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust“ gestaltet sind.

Die nationale Umsetzung dieser Richtline im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) geht sogar noch einen Schritt weiter und sieht in §12a BGG zur Barrierefreien Informationstechnik vor, dass öffentliche Stellen des Bundes neben ihren Websites und mobilen Anwendungen auch grafische Programmoberflächen barrierefrei gestalten müssen. Ausnahmen gibt es nur, wenn die öffentlichen Stellen unverhältnismäßig durch die barrierefreie Gestaltung belastet werden. Absatz 7 besagt, dass der Bund darauf hinwirkt, dass auch gewerbsmäßige Anbieter von Websites sowie von grafischen Programmoberflächen und mobilen Anwendungen ihre Produkte so gestalten, dass sie barrierefrei genutzt werden können.

Schlussendlich ist die Barrierefreiheit im Netz aber auch im Sinne des Art 3 Absat 3 S.2 GG „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“.

Was gilt es in Sachen digitaler Barrierefreiheit zu beachten?

Angefangen vom leichter, verständlicher Sprache, über Alternativtexte bei Bildern bis zu Videos mit Untertiteln und Gebärdensprache gehören all diese technischen und inhaltlichen Mittel zum Abbau von digitalen Barrieren und bieten den Betroffenen die Möglichkeit, das digitale Angebot zu konsumieren. Auch farbliche Kontraste und große Schriftarten sind im Allgemeinen sehr hilfreich für die Usability von Websites – sie tragen dazu bei, dass Besucher:innen sich einen schnellen Überblick verschaffen können, intuitive und leicht die gesuchten Informationen finden und Ihre Botschaften beim Kunden ankommen. Wie die barrierefreie Umsetzung einer Website im Detail umgesetzt werden kann, hängt jedoch stark von den Inhalten, dem CMS und dem Layout ab, sodass dies stets individuell betrachtet werden sollte.

Barrieren mit einem virtuellen Rundgang abbauen

Kommen wir nun zu einem Thema, welches uns bei omnia360 besonders umtreibt: Der virtuelle Rundgang. Dieser kann genutzt werden, um verschiedene Barrieren abzubauen und Besucher:innen die Möglichkeit geben, sich Räumlichkeiten, Ausstellungen oder auch Produktpräsentation an jedem Rechner oder mobilen Endgerät der Welt anzuschauen.

Ein passendes Beispiel schafft die Wanderausstellung „Echt mein Recht!“ des PETZE-Institut für Gewaltprävention. Diese richtet sich an Menschen mit Lernschwierigkeiten und thematisiert den Schutz vor sexualisierter Gewalt. An sechs Stationen können Interessierte die verschiedenen Themenbereiche digital erkunden und über Audio-Infopunkte einige der zahlreichen interaktiven Inhalte der Wanderausstellung  anhören.

Indem die Präsenzausstellung mit einem virtuellen Rundgang auch digital zugänglich gemacht wird, erreicht sie einen deutlich größeren Personenkreis, der die Informationen unabhängig von Ort und Zeit konsumieren kann:

Einen virtuellen Rundgang barrierefrei gestalten

Auch wenn der virtuelle Rundgang physische Barrieren abbaut, müssen wir auf der anderen Seite Sorge dafür tragen, dass keine digitalen Hürden entstehen, die dazu führen, dass vereinzelte Menschen von der Nutzung ausgeschlossen werden. So gibt es zum Beispiel technische Barrieren zu berücksichtigen, die es beispielsweise Personen mit langsamer Internetverbindung oder unzureichender Hardware erschwert, einen virtuellen Rundgang zu besuchen. Auch eine Präsentation per VR-Brille kann eine Zugangsbarriere darstellen, aufgrund der zusätzlichen Hardwarekosten und Kenntnisse, die benötigt werden, um in den Inhalt einzutauchen. Und natürlich sollten Barrieren im Design verbieten werden, die beispielsweise die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen unberücksichtigt lassen. Vereinfacht ausgedrückt sollte das Ziel im Sinne der Barrierefreiheit darin bestehen, den virtuellen Rundgang für so viele Menschen wie möglich zugänglich und nutzbar zu machen.

Typische Barrieren für Sehbehinderte können zum Beispiel fehlende Bildbeschreibungen, unzureichende Kontraste oder eine unübersichtliche Navigation darstellen, um sich virtuell durch die Räume zu bewegen. Auf die Bedürfnisse von Hörgeschädigten lässt sich eingehen, indem Audio- oder Videoinhalte um Untertitel oder Gebärdensprachübersetzungen erweitert werden. Menschen mit geistiger Beeinträchtigung profitieren von einfacher Sprache und der Unterstützung für Bildschirmleseprogramme, sowie einer übersichtlichen Navigation, die eine gute Orientierung bietet. Auch alternative Eingabegeräte sollten im besten Fall Beachtung finden, um Menschen mit Sprach- oder Augensteuerung einen virtuellen Zugang zu gewähren.

Barrieren im Kopf abbauen: Inklusion mit Virtual Reality

Über einen virtuellen Rundgang hinaus bietet Virtual Reality bereits heute viele Möglichkeiten, Erlebnisse zu schaffen und Menschen das Gefühl zu geben, inmitten des Geschehens zu sein (Was ist Virtual Reality?). Auch wenn nach wie vor verschiedene Einsatzbarrieren die massentaugliche Verbreitung der Technologie hemmen, gibt es bereits vielfältige Einsatzfelder wie z.B. in den Bereichen Medizin, Physio, Regeneration, Lehre und Forschung.

In dem Nutzer:innen immersiv (siehe Blog-Beitrag zum Thema Immersion) in den Inhalt eintauchen können, entsteht im besten Fall ein Präsenzgefühl wie in der virtuellen Welt. Für Menschen mit Handicap wie z.B. Rollstuhlfahrer kann sich so die Möglichkeit bieten, dem realen Erlebnis einer Achterbahnfahrt oder eines Hindernislaufs digital sehr nah zu kommen. Dabei unterscheidet die virtuelle Welt nicht zwischen Menschen mit und ohne Behinderung. Jeder Spieler betritt eine auf ihn selbst angepasste virtuelle Welt. Und kann in dieser zahlreiche Erfahrungen machen, die er im “realen” Leben vermutlich nicht gemacht hätte.

Aber auch „andersherum“ kann Virtual Reality einen großen Beitrag in Sachen Inklusion leisten. Nicht ohne Grund bezeichnete der Filmemacher Chris Milk die Technologie als „ultimative Empathiemaschine“, die es schafft, Zuschauer:innen in verschiedenste Szenarien hineinzuversetzen. Wie die Technologie konkret zur Empathievermittlung genutzt werden kann, zeigt die VR-Experience „Impression Depression“ der Robert-Enke-Stiftung, die dabei helfen soll auf typische Symptome aufmerksam zu machen und zu vermitteln, wie sich eine depressive Erkrankung anfühlt:

Auch im Bereich der Stadtentwicklung kann Virtual Reality eingesetzt werden, um die Barrierefreiheit von Gebäuden, Orten und Plätzen zu gewährleisten. So kann beispielsweise bereits in der Planungsphase simuliert werden, inwiefern der Ort für Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen erreichbar ist oder wo es noch Nachbesserungsbedarf gibt.

Das Potenzial, um mit Hilfe von Virtual Reality Barrieren abzubauen, ist groß. Jedoch gibt es auf dem Weg zu einer breiteren Durchsetzung noch einige Hindernisse zu nehmen. Nach wie vor stellt Motion Sickness für viele Anwender:innen ein Problem dar und neben technischen Limitationen fehlt an vielen Stellen das Bewusstsein, beispielsweise im Rahmen der Konzeption eine barrierefreie Navigation zu berücksichtigen. Und zuletzt wären da noch die finanziellen und technischen Hürden, die vielen Menschen aktuell den Zugang zur Technologie nach wie vor verwehren.

Ein kleines Fazit zur Barrierefreiheit in und mit VR

Virtuelle Rundgänge und Virtual Reality bieten heutzutage schon interessante Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen, es gibt aber an vielen Stelle noch deutlichen Optimierungsbedarf. Nicht nur die Anwendungen selbst bedürfen eine feinere Anpassung und mehr Aufmerksamkeit für diese Zielgruppen, auch Barrieren in Form der Zugänglichkeit und Usability müssen behoben werden. In jedem Fall bietet das gesamte Spektrum der Virtual Reality großes Potential und Entwicklungsmöglichkeiten, um Inklusion zu ermöglichen und wir sind gespannt, was sich in diesem Umfeld in den kommenden Jahren alles tun wird.